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Fest des allerheiligsten Herzens Jesu (3. Juni 2005) Jo. 19:31-37.

Das Gesetz des Moses schreibt vor, dass kein Leichnam eines Verbrechers über Nacht hängenbleiben dürfe, „denn ein Gehenkter ist von Gott verflucht, und du darfst dein Land, das der Herr, dein Gott, dir zum Besitz geben will, nicht verunreinigen“ (Deut. 21:23). Dazu kam noch, dass es sich um den Parasceve handelte, den Vorbereitungstag für den Sabbath, an dem nicht gearbeitet werden durfte (deswegen auch Feria Sexta in Parasceve für den Karfreitag). Nach der Berechnung des Johannes war dieser Freitagabend nämlich der Beginn des Osterfestes, in Parasceve Pascha. Der jüdische Sabbath dauert nämlich von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Sonnenaufgang am Sonntag, wie auch das Evangelium vom Ostersonntag zeigt: „und sehr früh an einem Sabbath...“

Die Juden bitten also den Pilatus, den Gekreuzigten die Beine zerbrechen zu lassen. Der Tod am Kreuze war einer der langsamsten, wobei eine Dauer von 72 Stunden normal war. Insofern war die Bitte der Juden verständlich, sie zeigt aber auch deren Grausamkeit, denn sie baten ausdrücklich um das crurifragium, das Zerbechen der Beine durch Stöcke. Die übliche Abkürzung der Kreuzesstrafe waren Lanzenstiche in die Achseln mit der folgenden Verblutung. Das Zerbrechen der Schenkelknochen ermöglicht dem Gekreuzigten das Hochstemmen zum Atemholen nicht mehr, und er erstickt. Diesen Tod hatten die Juden Christus also zugedacht. Die Soldaten führen das aus und merken mit Kennerblick, dass Christus schon tot ist. Praktisch wie Soldaten sind, strengen sie sich mit den Knüppeln bei ihm nicht mehr an, nicht ahnend, dass sie damit ein Werkzeug der Vorsehung werden: „Kein Knochen soll an ihm zerbrochen werden“ (Ex. 12:46). Einer von ihnen, den die Tradition Longinus nennt, will es genau wissen, und er „öffnete Seine Seite mit einer Lanze und sogleich kamen Blut und Wasser heraus“. Wenn man sich vergewissern will, dass jemand tot ist, dann stösst man die Lanze nicht in die rechte Seite, wo nur die Lunge ist, sondern in die linke, in das Herz – entgegen dem, was viele Darstellungen glauben machen wollen. Auch ist die Wahl dieses Evangeliums für den heutigen Festtag bedeutend.

Die seitenlange medizinische Diskussion, wie aus dieser Wunde Blut und Wasser kommen konnten, wollen wir uns angesichts der persönlichen Bezeugung des Johannes sparen, bis auf eine Theorie, die noch zu erörtern wäre. Die Symbolik aber ist das Bedeutende in diesem Evangelium, wie wir sehen werden.

Johannes bezeugt nun diese Tatsachen in dem er, wie üblich, seinen Namen vermeidet, aber er sagt auch: „Und jener weiss es, weil er die Wahrheit sagt, damit auch ihr glaubet“ (Et ille scit, quia vera dicit, ut et vos credatis). Wenn man die Johannesbriefe betrachtet mit dem ständigen „Er“, dann würde es nicht Wunder nehmen, wollte Johannes hier Christus selbst als Zeugen erwähnen, eins mit der göttlichen Inspiration, die in zwei scheinbaren Nebensächlichkeiten, die von menschlichen Handlungen unabhängig sind, den Ausgang der Tragödie prophezeien und auf Christus als den eigentlichen Messias hinweisen:

1. Im Gesetz des Moses wird zweimal anlässlich der Bereitung des Osterlammes vorgeschrieben: „Kein Knochen darf an ihm zerbrochen werden“ (Ex. 12:46; Num. 9:12). Wahrscheinlich ist es der Geisselung Christi zu verdanken, dass Er, abgesehen von Seiner Eigenen Entscheidungsmöglichkeit, so verhältnismässig schnell starb. Zumindest wäre das die natürliche Erklärung für diesen unnormalen Verlauf einer Kreuzigung, die so sehr auf Christus als das Osterlamm hindeutet, wie schon Johannes der Täufer gesagt hatte (Jo. 1:29).

2. Im Buche Zacharias lesen wir: „Über das Haus Davids aber und über die Bewohner Jerusalems, will ich den Geist der Gnade und des Gebetes ausgiessen, da werden sie auf mich schauen, den sie durchbohrt haben... (Zach. 12:10). Der Hinweis auf den durchbohrten Gott ist auch aus dem Zusammenhang des prophetischen Textes eindeutig und einer der zahlreichen Hinweise auf die Gottheit Christi. Zufälle gibt es nur mathematisch oder in schlechten Romanen, nicht aber, wenn die Stimme Gottes von Sich Selbst als „durchbohrt“ spricht.

Erneut die Durchbohrung des Herzens Jesu betrachtend, so wäre eine der wenigen medizinisch plausiblen Erklärungen für das Austreten von Blut und Wasser die Todesursache des – buchstäblich – gebrochenen Herzens, wie es z.B. bei Pius X. der Fall war. Diese Erklärung wäre auch in ihrem symbolischen Gehalt conveniens, wie Thomas so etwas nannte: passend.

Das Herz ist nun einmal so lange schon das Symbol der Liebe, dass es nicht überzeichnet wäre, in diesem Zusammenhang von einem Bestandteil der Uroffenbarung zu sprechen. Genau dieser Ausdruck der göttlichen Liebe in Christus ist sein Herz, aus dem das Blut der Eucharistie und das Wasser der Taufe entspringen: So wollte Gott, dass Sein Eingeborener Sohn an gebrochenem Herzen stürbe und dies durchbohrt würde, „damit Sein göttliches Herz, dies Heiligtum göttlicher Grosszügigkeit, Ströme des Erbarmens und der Gnade auf uns ergiesse. Dies Herz, in dem die Glut der Liebe zu uns nie erlischt, sollte den Frommen eine Stätte der Ruhe werden, den Büssenden aber als Zuflucht des Heiles offenstehen“ (Präfation).

Um das überhaupt verstehen zu können, muss man sich kurz der Bedeutung des Wortes „Liebe“ besinnen. Was ist denn Liebe im echten Sinne? Gott hat die Welt geschaffen und uns. Warum? Er hat doch überhaupt nichts davon? Ewig, unveränderlich, vollkommen, Ihm kann nichts in Seiner absoluten Einfachheit und Seligkeit Freude oder Schmerz bereiten. Warum erschafft Er dann die Welt? Aus Liebe! Das ist eben die wirkliche, die wahre Liebe, die Liebe, die nichts davon hat, dass sie liebt. Bedauerlicherweise ist beim Menschen dieser Hintergedanke des eigenen Vorteils schwer wegzubringen, bei allem Glauben.

Das ist vielleicht die wichtigste Lehre des Herz-Jesu-Festes: Christi Liebe für uns Unwürdige ist so unermesslich, dass Er nicht nur nichts davon hatte, sondern – umgekehrt – auch noch durch die schlimmsten vorstellbaren Qualen ging, um den Willen Seines Vaters erfüllend, uns zu erlösen. Die Gleichstellung dieses Festes der Liebe mit dem Weihnachtsfest im liturgischen Kalender ist mindestens angemessen. Wahrscheinlich kam die Einführung des Feiertages zu spät für die Listung unter die verpflichtenden (und öffentlichen) Feste. Hier liegt auch die Erklärung für die Entwicklung der Kirchengeschichte. Warum offenbarte Christus persönlich Sein Allerheiligstes Herz der heiligen Margarita Maria Alacoque?

Der heilige Pius X. brütete mindestens eine schlaflose Nacht darüber, was er einem einfachen Priester sagen könnte, um ihn vom Verlassen der Kirche abzuhalten. Wieviele Päpste vor ihm hätten dieses väterliche Herz gehabt, statt den Fall der Bürokratie der Kongregationen zu überlassen? In der Zeit der heiligen Margarita wurde jedem Bischof bezüglich seiner Rechtgläubigkeit auf die Finger gesehen. Gut so! Aber wieviele Bischöfe wurden bezüglich ihres Verhaltens dem Klerus und dem Volk gegenüber gerügt?

Der heilige Paulus erklärt in der heutigen Lesung das Verhältnis zwischen Glauben und Liebe: „Christus soll durch den Glauben in euren Herzen wohnen, und ihr sollt in der Liebe festgewurzelt und gegründet sein. So möget ihr imstande sein, mit allen Heiligen die Breite und Länge und Höhe und Tiefe zu umfassen und auch die Liebe Christi zu verstehen, die jeden Begriff übersteigt, auf dass ihr so mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt werdet.“

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